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INTERVIEW

Namenssponsoring am Theater - geht das?

Das Magazin Theatermanagement aktuell hat dazu den Kultursponsoringexperten Hans-Conrad Walter von Causales – Kulturberatung und Kulturmanagement in der Ausgabe 8/24 befragt.

In Zeiten knapper Kassen suchen Theater- und Opernhäuser immer wieder nach innovativen Finanzierungsmöglichkeiten. Eine besonders kontroverse Idee kommt aus Görlitz: Dr. Daniel Morgenroth, Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau, schlägt vor, die Namensrechte des Theaters an Unternehmen zu verkaufen. Was im Profisport längst gang und gäbe ist, könnte nun in der deutschen Theaterlandschaft Anwendung finden. Ganz neu ist die Idee indes nicht. In den 90er Jahren spielte die Kölner Kinderoper einige Jahre in der nach einem japanischen Joghurthersteller benannten Yakult-Halle. Doch der Vorstoß des Görlitzer Intendanten trifft auf heftige Kritik: Der Verlust des kulturellen Erbes, die Gefahr der Einflussnahme auf künstlerische Inhalte und die Kommerzialisierung der Hochkultur sind einige der Kritikpunkte. theatermanagement aktuell hat in der Reihe „Drei Fragen an …“ die Chancen und Risiken des Namenssponsorings am Theater mit renommierten Sponsoring- und Kulturmanagement-Expert:innen ausgelotet und auch gefragt, warum der Beziehungsstatus zwischen Theater und Sponsoring immer noch lautet: kompliziert.

tma: Warum wird Namenssponsoring im Theaterbereich in Deutschland Ihrer Meinung nach bisher wenig genutzt?

Hans-Conrad Walter: Unsere Theater sind ästhetische Erlebniswelten, schützenswerte Experimentierlabore und mitunter auch unverzichtbare, anarchische Radaubühnen mit einem individuellen Charakter, deren komplexe Identität durch individuelle Wertvorstellungen, eine künstlerische Programmatik sowie eine  unverwechselbare Kommunikation und natürlich den dazugehörigen Namen geprägt ist. Theater gehören namentlich zu unserem kulturellen Erbe, sind Kulturmarken von einem für unsere Gesellschaft unschätzbaren Wert und eben nicht nur Kulturimmobilien, deren Namen – wie im Sport üblich - kommerziell verwertbar sind.

tma: Welche Sponsoringsummen sind Ihrer Erfahrung / Ihrer Einschätzung nach für ein Namenssponsoring bei beispielsweise jährlich 400.000 Besucher:innen erwartbar?

Hans-Conrad Walter: Wir sollten das Wahre nicht zur Ware machen, auch wenn die Finanznöte der Theater auf Grund von verfehlter Kulturpolitik, Managementfehlern und allgemeinem Publikumsschwund groß sind und in naher Zukunft wohl eher noch größer werden. Ich spreche mich mit meiner über 20-jährigen Erfahrung im Kultursponsoring explizit gegen ein Namenssponsoring von bestehenden Theatern aus, denn es gibt für Theater bewährte und intelligentere Lösungen, wie zum Beispiel komplexe Jahres-, Sparten- oder Inszenierungspartnerschaften, auf die sich Unternehmen bei dieser hohen jährlichen Besucher:innenzahl mit fünf- bis sechsstelligen Summen erfahrungsgemäß einlassen.

Tma: Was bzw. welche Aspekte könnten aus Ihrer Sicht ein Namenssponsoring bei einem Theater für ein Unternehmen besonders interessant machen?

Hans-Conrad Walter: Eine komplexe Glaubwürdigkeit und vorausschaubare Akzeptanz neuer Theaterprojekte durch Gesellschaft, Zielgruppen und Besucher:innen auf allen Ebenen, aus der eindeutig hervorgeht, dass hier ein zusätzlicher gesellschaftlicher Nutzen gestiftet wird, macht ein Titel- oder Namenssponsoring nicht nur für Unternehmen interessant. Eine Kinderoper könnte man zum Beispiel als weitere Sparte der Oper Leipzig über eine hohe Förderung des dort am Standort produzierenden Unternehmens BMW innerhalb einer langfristigen Partnerschaft als „Mini-Oper“ etablieren und damit einen glaubwürdigen gesellschaftlichen Nutzen stiften sowie das Unternehmen als auch die dazu gehörige Marke „Mini“ mit viel Sympathie aufladen.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Theatermanagement aktuell.