Lieber Herr Professor Parzinger, als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vertreten Sie mit rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den größten Arbeitgeber im Kulturbereich in Deutschland. Unter dem Dach der Stiftung führen Sie fünf Einrichtungen: die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung. Sie repräsentieren ein einzigartiges kulturelles Universum und haben über die Grenzen Deutschlands hinaus eine hohe Anziehungskraft. Welche Visionen und Pläne möchten Sie gerne in den nächsten Jahren verwirklichen?
Da sind zunächst die großen Bauvorhaben, die uns beschäftigen. Das betrifft die weitere Sanierung und Vollendung der Museumsinsel mit der Grundinstandsetzung und Erweiterung des Pergamonmuseums, dem Bau der James-Simon-Galerie und der Sanierung des Alten Museums. Darüber hinaus sieht der Masterplan den Bau einer Archäologischen Promenade vor. Bis zur Fertigstellung werden zwar noch einige Jahre vergehen, aber es ist großartig zu sehen, wie das Ensemble wieder zu einer Vollständigkeit findet und zu einem zeitgemäßen Museumskomplex ausgebaut wird.
Ein Neubau am Kulturforum zur Präsentation der Kunst des 20. Jahrhunderts und auch die Fortsetzung der Grundsanierung der Staatsbibliothek Unter den Linden sind weitere wichtige Projekte. Und natürlich das Humboldt-Forum im Berliner Schloss, das 2019 eröffnet werden soll – eine Großbaustelle, die in rasanten Schritten wächst. Mit dem Einzug unserer außereuropäischen Sammlungen soll es ein Ort der Welterkundung und der Verbindung von Kunst, Kultur und Wissenschaft werden. Es soll ein Raum des Erlebens und der Auseinandersetzung mit Kultur auf unterschiedlichen Ebenen entstehen: für die Fachwelt, aber vor allem und in erster Linie auch für ein breites, internationales Publikum. In diesem Zusammenhang liegt uns besonders auch das Thema der kulturellen und interkulturellen Bildung am Herzen. Hier geht es u.a. darum, Vermittlungskonzepte zu entwickeln, die den Veränderungen der Gesellschaft Rechnung tragen und sich z.B. auch an spezielle Zielgruppen wenden. Das betrifft aber nicht nur das Humboldt-Forum, sondern ist ein grundsätzliches Ziel.
Welche Säulen prägen im Einzelnen das Finanzierungsmodell der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und wo sehen Sie einen Bedarf und Wachstumspotenzial?
Die Stiftung wird nach föderalem Prinzip vom Bund und allen Bundesländern finanziert. Von dem öffentlich getragenen Teil des Betriebshaushaltes übernimmt der Bund 75 Prozent, die Länder 25 Prozent. Darüber hinaus sind wir dauerhaft auf weitere Gelder angewiesen. Sonst könnten wir zahlreiche Projekte wie Ausstellungen, Forschungsvorhaben etc. gar nicht verwirklichen.
Eine wichtige Säule in dem Zusammenhang sind Drittmittel, die wir z.B. von Förderstiftungen erhalten. Immer bedeutender werden für uns die Kooperationen mit der Wirtschaft. Dabei geht es nicht nur um die Akquisition finanzieller Mittel, sondern auch um Know-how-Transfer und die Erweiterung von Netzwerken. Wir brauchen starke Partner, die uns darin unterstützen können, bestimmte Vorhaben zu realisieren, so z.B. die Gründung eines internationalen Freundeskreises, die wir gerade planen. Darin liegen viele Chancen – auch in der Entwicklung von Feldern wie Merchandising, Rechteverwertung etc., die wir ebenfalls ausbauen möchten, um unsere Einnahmen zu erhöhen.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat ein neues Corporate Design mit einer beachtenswerten Markenarchitektur entwickelt. Hat der frische Markenauftritt die Zusammenarbeit mit Sponsoren und Partnern beeinflusst?
Auf jeden Fall. Wir haben sehr viel positive Resonanz auf das neue Erscheinungsbild erhalten, insbesondere auch aus der Wirtschaft. Es ist jetzt sehr viel deutlicher, welche Einrichtungen zur SPK gehören und wie groß und vielfältig dieser Kosmos ist. Für die Öffentlichkeit und auch für Partner ist es zum Teil ein echter Aha-Effekt, wenn klar wird, was sich hinter der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ eigentlich verbirgt. Die neue Markenarchitektur trägt in der öffentlichen Wahrnehmung sehr dazu bei, dass wir stärker als ein Ganzes wahrgenommen werden. Das bietet natürlich auch für Kooperationen große Potenziale – lokal, national und auch auf internationaler Ebene. Dennoch sind wir uns bewusst, dass die Marke bzw. die Markenwelt der SPK noch längst nicht so in der Öffentlichkeit angekommen ist, wie wir uns das wünschen. Es ist ein Weg, und wir arbeiten daran. So geben wir seit einigen Jahren ein Magazin heraus, das die Vielfalt unserer Aktivitäten und Vorhaben darstellt.
Kulturanbieter müssen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kooperation mit Sponsoren erfüllen. Welchen Nutzen können Kulturanbieter innerhalb von Partnerschaften den Unternehmen stiften?
Als Kulturanbieter müssen wir uns natürlich fragen, was ein Unternehmen von uns als Partner erwartet. Worin besteht das Interesse? Wovon hat das Unternehmen tatsächlich etwas? Wir müssen die andere Perspektive einnehmen. Die Erwartungen seitens der Wirtschaft können nicht dadurch erfüllt werden, lediglich ein Logo abzubilden. Wir haben ja viel mehr zu bieten als nur diese Plattformen. Es geht darum, Kooperationsmöglichkeiten zu entwickeln, die gemeinsame Ziele befördern und die Partnerschaften in diesem Sinne individuell gestalten. Zahlreiche Unternehmen verbinden sich ja ganz bewusst mit Kultur. Kulturelles Erleben ist ein wesentlicher Entwicklungsmotor der Gesellschaft und gleichzeitig wichtiger Standortfaktor. Kultur kann zur Erreichung von Zielsetzungen der Wirtschaft ebenso beitragen wie umgekehrt.
Sollten Unternehmen über eine monetäre Investitionsbereitschaft hinaus auch weitere Voraussetzungen mitbringen, um glaubwürdige Partnerschaften mit Kulturanbietern einzugehen?
Damit Partnerschaften so umgesetzt werden können, dass sie für beide Seiten erfolgreich sind, müssen gegenseitige Zielsetzungen abgeglichen werden. Das heißt, es muss ein Dialog darüber stattfinden, wie man sich am besten verbinden kann, um zum Erfolg zu kommen. Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die wohl oft auch mit Identifikation zu tun haben. Wenn die Unternehmen unsere Angebote z.B. in ihre Öffentlichkeitsarbeit einbinden und auch an ihre Mitarbeiter/innen kommunizieren, spricht das für eine authentische, lebendige Kooperation. Solche Initiativen und Ideen sind für uns sehr positiv, und wir sind da durchaus offen für neue Wege und Partnerschaftskonzepte.
Marktorientierte Begriffe wie Kulturmarken, Kulturanbieter und Kulturinvestoren prägen seit einiger Zeit den Dialog zwischen Kultur und Wirtschaft. Sind diese Begriffe Vorboten für einen Kulturmarkt, in dem transparente Sponsoringangebote von Kulturanbietern einen Wettbewerb möglich machen?
Dieser Wettbewerb findet ja bereits statt. Besonders hier in Berlin. Das kulturelle Angebot ist überbordend und alle ringen gleichzeitig um Geld. Transparente und gut kommunizierte Angebote sind sicher notwendig, um überhaupt eine Chance auf dem Markt zu haben. Wichtig ist nach meiner Erfahrung aber vor allem auch die Entwicklung und Pflege von Partnerschaften. Es ist für beide Seiten sehr viel effizienter und komfortabler, wenn sich längerfristige Kooperationen entwickeln, die auch Gestaltungsspielraum bieten. Dann macht die Zusammenarbeit noch mehr Spaß!
Herzlichen Dank für das Interview, Herr Professor Parzinger.