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Fachbeitrag

Der volkswirtschaftliche Nutzen von Kulturbetrieben und -projekten - Fachbeitrag von Eva Nieuweboer

Subvention versus Investition, Kultur als Standortvorteil, Umwegrentabilität und weitere Schlagworte, die immer wieder Kulturpolitiker wie Kulturmanager beschäftigen, verdeutlichen eine neue Betrachtungsweise von Kulturangeboten. Neben dem immateriellen Wert werden Kulturleistungen auch unter marktwirtschaftlichen Überlegungen geprüft.

Werden die wirtschaftlichen Auswirkungen von Kulturangeboten für einen Ort oder eine Region analysiert, können unterschiedliche Effekte festgestellt werden. Neben der allgemeinen Wertschöpfungskette zum Beispiel über den Verkauf von Eintrittskarten, ist der Kulturanbieter aufgrund der oft arbeitsintensiven Produktionen ein wichtiger lokaler Arbeitgeber. Gleichzeitig mit der Zahl der Arbeitsplätze steigt auch die Kaufkraft am Ort. Dies führt wiederum zu fiskalische Effekten, wie die Rückflüsse von Steuern und Abgaben beispielsweise durch Sozialversicherungsabgaben, Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer. Sie bilden eine wichtige und oftmals vernachlässigte Größe der ökonomischen Auswirkungen von kulturellen Aktivitäten.
Diese Dimensionen wirtschaftlicher Auswirkungen des Kulturbetriebes zeigen auf, welches oftmals unterschätzte Rentabilitätspotential die Förderung von Kultur beinhaltet. Da über Umwege, wie Steuern und Abgaben, die geleistete Förderung oftmals verzinst in die kommunalen Haushalte zurückfließt, wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff "Umwegrentabilität" verwendet. So belegt eine Schweizer Studie, dass von jedem Franken, den der Staat in Kulturförderung investiert wird, zwischen 29 und 30 % wieder zurück an den Staat gehen. Dabei wird lediglich die Umwegrentabilität im engeren Sinne betrachtet. Zieht man darüber hinaus auch den privatwirtschaftlichen Nutzen zum Beispiel in Hotellerie, Gaststätten und Einzelhandel hinzu, generiert jeder Franken ein Umsatzvolumen von 1,50 bis 2,90 Franken.

Neben der Umwegrentabilität trägt ein attraktives kulturelles Angebot in einer Region oder Gemeinde viel zur allgemeinen Lebensqualität der Bevölkerung bei. Kulturell besser versorgte Gebiete haben es so leichter, qualifizierte Arbeitskräfte mit ihren Familien anzuziehen. Ein Standortvorteil, von dem auch Wirtschaftsunternehmen profitieren. Ein gelungenes Standortmarketing im Kulturbereich kann demzufolge den wirtschaftlichen Aufschwung einer ganzen Region bewirken. Als herausragendes Beispiel gilt die zuvor strukturschwache Region um das baskische Bilbao, die Dank des 1997 fertig gestellten Guggenheim-Museums eine immense Aufwertung erfahren hat. Viele europäische Regionen versuchen diesem "Bilbao-Effekt" nachzueifern. So zieht auch Dr. Harald Benke, der "Vater" und Direktor des OZEANEUMS, das 2008 mit der "Trendmarke des Jahres" ausgezeichnet wurde, gern Parallelen zwischen Bilbao und Stralsund: "Uns ist es nicht nur gelungen, das OZEANEUM bekannt zu machen, sondern auch die Koppelung des OZEANEUMS mit seinem Standort Stralsund". In der Planungsphase erhofften sich die Politiker in Mecklenburg-Vorpommern mit der Finanzierung des Meeresmuseums die Möglichkeit zur Saisonverlängerung und einen Aufschwung besonders im internationalen Tourismus zu bewirken. Der Zuwachs nicht nur polnischer und skandinavischer Touristen seit der Eröffnung im vergangenen Jahr beweist, dass dieses Konzept Modellcharakter hat.  Ein Jahr nach der Eröffnung im Juli 2008 konnte das OZEANEUM bereits die eine-Million-Besuchermarke erreichen und damit die eigene Zielsetzung von 550.000 Besuchern weit überschreiten.

In Zahlen verdeutlichte die österreichische Stadt Linz den wirtschaftlichen Nutzen, der durch Standortmarketing generiert werden kann. Durch den Titel Kulturhauptstadt Europas 2009 kann in den nächsten zwei Jahren mit 35,3 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Wirtschaftsleistung von Oberösterreich gerechnet werden. Insgesamt schafft, bzw. sichert die Kulturhauptstadt im Zeitraum von 2005 bis 2011 4.625 Arbeitsplätze. Ein beispielhaftes Standortmarketing wird derzeit auch für die Region Ruhrgebiet aufgebaut, die das alte Image des Kohlenpott abstreift und die RUHR.2010 als starke und unverwechselbare Kulturmarke etabliert.

Grundlage für alle Beteiligten aus Politik, Kultur und Wirtschaft ist eine übergreifende Sichtweise. So sind Aspekte wie Umwegrentabilität, der Nutzen von Kultur als Standortvorteil und Investitionspotential nicht ausschließlich von volkswirtschaftlicher Relevanz. Auch dem kleinen Stadttheater oder dem lokalen Museum können diese neuen Zusammenhänge nutzen. Innerhalb von Budgetverhandlungen mit Kulturpolitikern oder in Verhandlungen mit Sponsoren stellt das Argument der Kulturförderung als Investition eine wichtige Grundlage. Insbesondere von der Politik fordert diese Entwicklung die Bereitschaft, langfristig und in multikausalen Kreislaufmodellen zu planen.

Fazit: Auch wenn Kulturanbieter im zunehmenden Maße von Sponsoringkooperationen mit der Privatwirtschaft profitieren, darf sich der Staat nicht aus der Förderung zurückziehen. Denn viele Kulturanbieter müssen auch weiterhin ihrem Bildungsauftrag gerecht werden und können nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Interessen gemessen werden. Auch nicht vermarktungsfähige Projekte, sind ein grundlegender Bestandteil des kulturellen Gefüges. Eine Finanzierung von Kulturangeboten mit öffentlichen Mitteln ist gerade in Krisenzeiten eine wichtige Grundlage für Theater, Musik, Museum & Co.