Ein Impuls von Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus
Für den KulturInvest!-Kongress in Dresden wird eine Stadt Gastgeberin sein, die Kunst und Kultur in ihrer Geschichte tief in sich trägt. Ein Ort mit einem lebendigen kulturellen Leben, das weit über die prächtige historische Altstadt hinausreicht. Das sind gute Bedingungen, um perspektivisch mit Kunst und Kultur eine Brücke von der allgegenwärtigen Vergangenheit in die zu gestaltende Zukunft zu schlagen. Das Kraftwerk Mitte als zentraler Ort des Kongresses ist dafür ein mit neuem Leben gefülltes Sinnbild. Auf dem Gelände finden sich künstlerische Orte wie das theater junge generation und die Staatsoperette, die beide von der Landeshauptstadt Dresden betrieben werden oder auch das Deutsche Institut für Animationsfilm (DIAF), das wir als Freistaat Sachsen fördern. Und es finden sich Adressen, die Kunst und Unternehmertum in der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenführen. Künftig wird mit der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) auch der Freistaat Sachsen mit seinem ureigenen Kulturengagement im Kraftwerk Mitte vertreten sein.
Das Kraftwerk Mitte ist damit ein Energiezentrum der Kultur, die von staatlichen, kommunalen und privaten Quellen gespeist wird. Mit fast 900 Millionen Euro pro Jahr erfüllen die Sächsische Staatsregierung und die sächsischen Kommunen die große Gemeinschaftsaufgabe, das kulturelle Erbe und die kulturelle Infrastruktur im gesamten Freistaat zu erhalten und ihren Beitrag für kulturelle Bildung und Vermittlung zu leisten. Damit verzeichnet Sachsen die höchsten Kulturausgaben im Verhältnis zur Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft. Das untersetzt den staatlichen Verfassungsrang und die kommunale Pflichtaufgabe, die Kultur in Sachsen darstellt. Darüber hinaus bedarf es jedoch besonders in den neuen Bundesländern einer verstärkten Förderung unserer Kulturschaffenden aus privaten Mitteln, um Geschaffenes zu erhalten und Neues zu ermöglichen. Innovative Entwicklungen in der Kultur, zum Beispiel bei den großen Leitthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, können durch weitere Partnerschaften befördert und möglichst langfristig getragen werden.
Unabhängig von der Quelle steht hinter Kulturausgaben die Überzeugung, dass Kultur nicht nur eine kurzfristige individuelle Freude ist, sondern eine langfristige gesellschaftliche Rendite erbringt. Dazu gehören Begegnungen, die vielleicht außer beim Sport kaum noch so gesellschaftlich durchmischt sind wie in Kulturräumen. Gerade für Sachsen ist Kultur ein wichtiges Bindeglied zu einer internationalen Vernetzung und einer gelebten Weltoffenheit. Und nicht zuletzt ist Kultur auch ein Wirtschaftsimpuls; einerseits als sogenannter weicher Standortfaktor und als Tourismusargument, aber auch als intellektueller und innovativer Kreativpool für Wertschöpfungen, die nicht mehr im klassischen industriellen oder handwerklichen Bereich stattfinden.
Das Kraftwerk Mitte liegt im Zentrum eines städtischen Kreativraums, der über Barock und Bytes hinaus viele spannende Orte der Wissenschaft bietet: Dazu gehören in Dresden eine Exzellenzuniversität und die höchste Forschungsdichte in Deutschland. Die kulturelle und kreative Arbeit wie im Kraftwerk Mitte macht Dresden zu einer lebenswerten und entgegen mancher Schlagzeile zu einer weltoffenen Stadt und sie überzeugt Start-ups und global agierende Unternehmen, sich hier anzusiedeln. Davon erhoffen wir uns nicht nur in Dresden einen Kreislauf, in dem Kultur hilft, einen Nährboden zu schaffen, der dann die Kultur selbst wieder mit ernährt.
Sowohl Dresden als auch Leipzig als Kulturmetropolen sind dabei nur ein Ausschnitt des Kulturlands Sachsen. Mit seinen vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zieht der Freistaat seine Stärke aus einer regionalen Vielfalt und Dichte. Zwischen Adorf und Zittau finden sich zahlreiche Bühnen, Orchester, Sammlungen und innovative Kulturangebote. Dazu gehören auch zahlreiche Filmfestivals wie das Neiße-Film-Festival im Dreiländereck oder das internationale Märchenfilm-Festival Fabulix in meiner Heimatstadt Annaberg-Buchholz. Und dieses Engagement ist trotz der aktuellen Krise ungebrochen und es lebt davon, dass Menschen anpacken und mit der Kultur das Land gestalten wollen. Vor allem in den Regionen des Strukturwandels, wie dem Lausitzer Braunkohlerevier, sind diese kulturellen Signale ganz wichtige Motivationen. Auch anderenorts, zum Beispiel bei dem jungen Projekt des Kulturbahnhofs Leisnig oder vielen soziokulturellen Projekten kommt die agile Kraft von Kultur als Raum für Dialog und Zukunftsgestaltung zum Tragen. Diese Kraft der Kultur, die in ihrer Relevanz für Menschen und Gemeinschaft zum Ausdruck kommt, ist heute wichtiger und in mancher politischen Aufladung spürbarer denn je. Künstlerische Produktionen setzen nicht nur auf Repräsentanz und Vermittlung, sondern auf zwischenmenschliche Wirksamkeit, gerade auch bei den aktuellen Herausforderungen: Von der demokratischen Teilhabe über den demografischen Wandel bis hin zu der Spannung, die zwischen Heimat und globaler Welt entsteht.
Viele der damit verbundenen Themen werden in Sachsen besonders intensiv, im besten Falle konstruktiv aufgegriffen. Die übergroße Mehrheit der Menschen im Freistaat gehört zur konstruktiven Seite, die zu oft von einer verbissenen Minderheit übertönt wird. Die „Stille Mitte“ zu aktivieren, ist Teil des Chemnitzer Konzepts „C the Unseen“ für die europäische Kulturhauptstadt 2025. Mit einer mutigen Bewerbung hat Chemnitz diese Herausforderungen nicht überspielt, sondern den Umgang mit ihnen in den Fokus gerückt. Ausgangspunkte sind die Menschen vor Ort und ihre „Macher-Mentalität“. Mit Blick auf ihre Geschichte und Geografie versteht sich Chemnitz als osteuropäische Stadt in einem westeuropäischen Land – als Brückenbauerin und Vermittlerin zwischen den alten und den neueren Mitgliedern der Europäischen Union. Insofern lade ich nicht nur herzlich ein, nach Chemnitz zu kommen, sondern den Weg hin zu einem Drehkreuz eines kreativen, friedvollen Europas mit uns zu gehen.