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(c) Förderverein Berliner Schloss / eldaco, Berlin

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Fachbeitrag

Marketing für eine verrückte Idee Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer Förderverein Berliner Schloss e.V.

Der Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldtforum steht unmittelbar be- vor. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat mit den Stimmen aller Fraktionen, bis auf die Linke, im Juli 2011 seine Realisierung beschlossen. Die Grundsteinlegung ist für den März 2013 vorgesehen. Der Bau wird 2018 bezugsfertig sein und schließlich 2019 seiner Bestimmung als Humboldtforum im Zusammenhang mit den Museen der historischen Museumsinsel als Weltort der Künste und Kulturen der Öffentlichkeit übergeben. Eine zwanzigjährige Debatte ist damit abgeschlossen. Sie war zäh, kontrovers, voller Emotionen. Drei Gruppen waren ihre Träger: die Anhänger der Moderne, die Anhänger des Palastes der Republik und die Anhänger des Wiederaufbaus des von Ulbricht 1950 sinnlos gesprengten Berliner Schlosses, das einmal das Gravitationszentrum Berlins war.

Die Debatte konnte nie objektiv geführt werden, sie war emotionsgeladen, weil jede Seite für sich in Anspruch nahm, die beste Lösung auf ihre Fahnen geschrieben zu haben. Da es rein sachliche Kriterien für keine der Parteien gab, ging es nur darum, eine Mehrheit in der Bevölkerung und der Politik für sich zu erringen, also in den Herzen der Menschen mit seinen Argumenten Eingang zu finden und diese für sich zu gewinnen. Der Kern der Diskussion ging um die Rückgewinnung der Schönheit der Stadt mit dem Schloss, den Erhalt der Erinnerung an den Palast der Republik als einem Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der DDR und um die Aussage der Architekten der Moderne, man habe alle alten Zeiten überwunden, nur zeitgenössische Architektur könne Ausdruck unseres demokratischen Gemeinwesens sein. In einem Schloss könne schließlich nur ein König wohnen: Diese Zeiten habe man aber nun wirklich endgültig überwunden. Wie gelang es uns nun, eine demokratische Mehrheit für den Wiederaufbau des Schlosses zu erreichen?

Grundlagen schaffen

Die Idee braucht einen Namen, der sofort verständlich ist. „Wir wollen das Berliner Schloss wieder aufbauen!“ Die Idee ist Provokation und der Weg. Bauen Sie dafür ein fest zusammenstehendes Team auf, binden Sie Multiplikatoren mit ein. Stellen Sie die Grundlagen der Idee zur Diskussion, auch um die Übereinstimmung der Meinungen im Team zu prüfen. Trennen Sie sich von Leuten im Team, die sich nur profilieren wollen. Seien Sie sich bewusst, dass Sie die Hauptarbeit selbst leisten müssen, in der Funktion einer Spinne im Netz.

Sonst könnte die Idee eine falsche Richtung bekommen. Deswegen: Delegieren Sie zwar viel Verantwortung an Dritte, aber verringern Sie nie die eigene Verantwortung als Maxime für sich selbst!

„Treppen werden von oben gefegt“. Dies heißt nichts anderes, als dass man schon früh die Meinung derjenigen sucht, die letztlich zum Kreis der Entscheider gehören. Finden diese Ihre Idee durchsetzbar – oder ist es doch nur eine schöne Fantasie? Setzen Sie prägnante, öffentlich stark beachtete, unkonventionelle Beispiele und gewinnen Sie Ihre Mehrheiten dadurch: Beim Schloss war es der ausschließlich privat finanzierte Bau der 1:1 Simulation 1993/94, die es aus 40-jähriger Vergessenheit zurückholte und Millionen überzeugte. Gehen Sie selbst ins Risiko, auch in das finanzielle. Die Glaubwürdigkeit Ihres Projekts wird größer, wenn man erkennt, wie weit Sie sich selbst dafür in die Pflicht nehmen!

Weitere Grundregeln für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit sind: Lassen Sie sich vor keinen Karren spannen, bleiben Sie politisch neutral, gesprächsoffen für jede politische Kraft! Bedenken Sie: Nur im Team sind Sie stark. Das Gründungsteam löst nach dem ersten Erfolg die Lawine aus, ermöglicht die Multiplikation im Schneeballsystem. Dies ist die Basis für ein weit gespanntes Netzwerk: Freunde erzeugen immer neue Freunde!

Bleiben Sie bei Ihrer Arbeit immer offen für Ratschläge und Ideen Dritter. Diese erkennen meist weit bessere Lösungsansätze, als Sie selbst. Integrieren Sie diese in das Konzept, verfeinern und vertiefen Sie es so und Sie erweitern Ihre Basis. Und die ist die Voraussetzung dafür, um Mehrheiten zu gewinnen!

Passen Sie Ihre Grundidee im Detail der Stimmung im Markt an, ohne sie zu verraten oder verwässern, nur darüber können Sie die Mehrheit gewinnen! Dafür brauchen Sie viel Geduld und einen langen Atem. Maximalforderungen sind unerfüllbar, der pragmatische Kompromiss bringt die Mehrheit.


Der Weg zum Ziel

„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Nur wenn Ihre Gedanken für eine Mehrheit verständlich sind und diese darüber gewonnen werden kann, schaffen Sie es.

Reagieren Sie grundsätzlich flexibel auf die Zeichen des Markts, nehmen Sie Rückschläge gelassen hin! Lernen Sie daraus, ohne das Gesamtziel aus den Augen zu verlieren.

Über Teilziele, die Sie kurzfristig realisieren können, schaffen Sie Achtungserfolge und bleiben im Gespräch, können darauf weiteraufbauen! Konsolidieren Sie diese Teilziele und legen Sie erst von dort aus den weiteren Weg fest. Führen Sie fest, aber nur über das Team, kanalisieren Sie die Meinungen, um einen einheitlichen Auftritt zu schaffen. Sie brauchen eine unverwechselbare Identität!

Ihre Gegner sind nicht mehr und nicht stärker als Sie selbst. Sie sind auch nur eine Minderheit! Beobachten Sie sie, nehmen Sie deren Kritik an und verarbeiten Sie diese! Starten Sie eine umfassende Kommunikation, nutzen Sie dafür die Bereitschaft der Medien, neue Ideen zu verbreiten. Seien Sie bereit, auch Spott zu ertragen! Halten Sie das aus, haben Sie die Möglichkeit, die schweigende Mehrheit zu gewinnen.

Persönliche Einstellungen

Ihre persönliche Glaubwürdigkeit ist vielleicht das wichtigste: Es darf nur um das Projekt gehen, deswegen seien Sie davon überzeugt, und weniger von sich selbst. Nehmen Sie sich zurück und bleiben Sie bescheiden. Seien Sie „primus inter pares“. Bleiben Sie aufrichtig. Respektieren Sie Ihre Gegner, wie sonst wollen Sie Respekt gewinnen? Bleiben Sie standfest, aber bewahren Sie sich ihre Demut! Zeigen Sie vollen Arbeitseinsatz, ohne Rücksicht auf sich selbst, seien Sie jedoch rücksichtsvoll mit anderen! Bleiben Sie fair, auch wenn andere bösartig sind. Lächeln Sie, bleiben Sie heiter, auch wenn Sie noch so wüten wollten! Euphorie schadet ebenso wie Selbstmitleid, Begeisterung steckt an! Hören Sie nie auf, zu lernen! Loben Sie öffentlich die Freunde für ihren Witz, ihren Mut und ihre Geistesgegenwart, nur so werden Sie als Team wahrgenommen! Und schließlich: Die Maxime, die Sie an sich selbst stellen müssen, lautet: Alles, was Du tust, tue es gleich, gern und ganz. An einer der drei Forderungen scheitern Sie immer wieder...

 

Dieser Beitrag wurde im Jahrbuch Kulturmarken 2012 veröffentlicht.