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Fachbeitrag

Traumjob "Kultur" - wie kann er halten, was er verspricht?

Erwartungen und Erfahrungen mit dem Berufseinstieg der Generation Y

von Prof. Dr. Julia Frohne

Der Kultursektor gilt nach wie vor als hochattraktive Branche für junge Menschen. Die Vielfältigkeit der Aufgaben, ein abwechslungsreiches und kreatives Arbeitsumfeld und nicht zuletzt spannende Begegnungen sind dabei einige Aspekte. Jedoch haben auch Institutionen im Kulturbereich zunehmend Schwierigkeiten, geeignetes Personal für sich zu gewinnen und langfristig zu halten. Woran kann das liegen und wie lässt sich das ändern? Neben strukturellen Faktoren (geringe Einstiegsgehälter, Überstunden, befristete Verträge etc.) stellt sich auch die Frage, welche Erwartungshaltungen junge Berufstätige an ihre Arbeitsumgebung und -tätigkeit haben und welche Aspekte positiv auf ihr Verweilen einzahlen. Einige Antworten dazu liefert eine Studie über die „Candidate Experience“ von jungen Berufstätigen im Kultursektor, die die Westfälischen Hochschule in Zusammenarbeit mit Kultur Management Network und der Kulturpersonal GmbH durchgeführt hat.

Die „Candidate Experience“ umfasst dabei die Erfahrungen, die Jobinteressierte im Verlauf des Bewerbungs- und Auswahlprozesses mit dem potentiellen Arbeitgeber machen. Dazu zählen alle Berührungspunkte medialer und realer Art, die im Prozess zur Verfügung stehen, angefangen bei Homepage und Stellenanzeige bis zum Vorstellungsgespräch. Wir haben das Feld noch erweitert um Erfahrungen in der Einarbeitungsphase und mit der Zusammenarbeit. Untersuchungsschwerpunkte sind entsprechend „Information und Kommunikation“, „Erwartungen“ und „Einstieg“. An der quantitativen Hauptstudie, durchgeführt von einer Projektgruppe im Masterprogramm „Kommunikationsmanagement“ im WS 2017/18, nahmen mehr als 200 Personen teil, von denen 138 mit max. 5 Jahren Arbeitserfahrung der Generation Y zugerechnet werden konnten. Die Generation Y ist dabei als Alterskohorte definiert und meint die zwischen 1985 und 2000 geborenen.

Hohe Werte für Unternehmenskultur und Teamgeist, geringe für Führungsverantwortung

Die Ergebnisse zeigen: Wichtigste Aspekte für die Arbeitgeberwahl der Generation Y sind Unternehmenskultur, Verdienst und Arbeitsinhalte. Für alle Befragten (97%) spielt ein gutes Arbeitsklima eine wichtige Rolle, fast 93% legen Wert auf einen kooperativen Führungsstil der Vorgesetzten (88%), divenhafte Führung und unklare Aufgaben schätzen sie dagegen gar nicht. Herausfordernde Tätigkeiten (92%), die gleichzeitig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bieten, werden besonders bevorzugt. Eine vernünftige finanzielle Entlohnung ist ebenfalls sehr wichtig und stellt für 81% ein entscheidendes Auswahlkriterium dar und bei Unzufriedenheit damit ist dies der Hauptgrund für einen Wechselwunsch (46%). Ein kritisches Thema ist die Verantwortungsübernahme: Budget- und Personalverantwortung stehen bei der Generation Y nicht hoch im Kurs (lediglich 32% bzw. 27% halten dies für wichtig oder sehr wichtig). Für die Übernahme von Führungspositionen kann sich das für Institutionen zu einem Problem entwickeln.

Handlungsempfehlungen

Die Ergebnisse haben wir nach den o.g. Bereichen der Candidate Experience gegliedert und daraus konkrete Handlungsempfehlungenfür die Stellenausschreibung, die Einarbeitungsphase, die Karriereentwicklung, die Zusammenarbeit und den Umgang mit Befristung abgeleitet. Exemplarisch sei dies hier für den Bereich der Einarbeitung dargestellt: Nur 56% der Berufseinsteiger waren damit zufrieden. Lediglich zwei Dritteln wurden die anderen Teammitglieder vorgestellt und nur für 58 Prozent gab es eine Führung durch das Haus. Einen eingerichteten Arbeitsplatz fand am ersten Tag sogar nur ein Drittel vor. Jeder Zweite bemängelte, dass keine Zielvereinbarung geschlossen wurde, und über ein Viertel erhielt kein Feedback zu ersten Arbeitsergebnissen. Es ist unschwer vorstellbar, wie demotivierend ein solcher Beginn wirkt. Zudem hatten über 38 Prozent der Befragten keine anderen Kontaktpersonen für Fragen als ihre Vorgesetzten. Ein nicht unwichtiges Defizit, denn mehr als die Hälfte der sehr zufriedenen Berufsanfänger hatten einen Mentor oder eine Mentorin, wohingegen drei Viertel der sehr unzufriedenen Befragten ohne entsprechende Begleitung eingearbeitet wurden. Die In den meisten Belegschaften finden sich Personen, die so eine Aufgabe gerne übernehmen, das muss nicht notwendig jemand aus dem eigenen Team sein. Zudem erleichtern eine Tagesagenda oder ein Laufzettel den Arbeitseinstieg und mindestens in der ersten Zeit sollte es regelmäßige Feedbackgespräche geben. Bei aller Zeitnot sollten Vorgesetzte darauf nicht verzichten.

Fazit

Unsere Studie zeigt, dass der Kulturmarkt nach wie vor sehr attraktiv ist, sich die Einstellung zu Karriere und Führungsverantwortung aber verändert hat. Junge Berufstätige bevorzugen eine freundliche und teamorientierte Atmosphäre und sind schneller bereit den Job zu wechseln, wenn sie unzufrieden sind. Weiterbildungsmöglichkeiten, eine offene Gesprächskultur, adäquates Gehalt und Feedback sind wichtige Kriterien für Generation Y. Vorgesetzte tun gut daran, diesen Wertewandel ernst zu nehmen. Gut möglich, dass man sich im weiteren Berufsleben auf der Karriereleiter wiederbegegnet. Und wenn die früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen positiven Rückblick auf die Zeit ihrer ersten Berufstätigkeit und die dort empfundene Unternehmenskultur besitzen, ist die Tür offen für eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie finden sich hier: Frohne, J. / Grünter, M. / Weyermanns, M.: Berufseinstieg der Generation Y: Was Kulturinstitutionen wissen sollten, in: Loock, F. / Riesch-Kerst, M. / Röckrath, G. / Scheytt, O: Handbuch Kulturmanagement. Recht, Politik und Praxis, Nr. 63. Berlin

Eine Zusammenfassung bei Kulturmanagement Network online unter: https://www.kulturmanagement.net/Themen/Erwartungen-und-Erfahrungen-von-Berufsanfaengern-im-Kultursektor-Was-Arbeitgeber-wissen-sollten,3950