Die Finanzierung der kulturellen Infrastruktur wird in Deutschland weitestgehend noch immer als Aufgabe des Staates angesehen. Doch lohnt es sich – auch für mittelständische Unternehmen – in Kultur zu investieren. Kunst und Kultur wirken sich vorteilhaft auf ihren Standort aus. Sie fördern nicht nur Kreativität und Vielfalt des Freizeitangebotes einer Stadt, sondern ziehen auch in finanzieller Hinsicht positive Ergebnisse nach sich. Lesen Sie den gesamten Artikel
Kultur als Standortfaktor
Die Finanzierung der kulturellen Infrastruktur wird in Deutschland weitestgehend noch immer als Aufgabe des Staates angesehen. Doch es lohnt sich – auch für mittelständische Unternehmen – in Kultur zu investieren.
Kunst und Kultur wirken sich vorteilhaft auf ihren Standort aus. Sie fördern nicht nur Kreativität und Vielfalt des Freizeitangebotes einer Stadt, sondern ziehen auch in finanzieller Hinsicht positive Ergebnisse nach sich. Direkte und indirekte ökonomische Effekte sind gleichermaßen starke Argumente für Investitionen in Kultur – über den rein ideellen Anreiz hinaus belegen sie Attraktivität und Nutzen.
Direkte Resultate des Investments in Kultur liegen in einem qualitativ hochwertigeren kulturellen Angebot, zudem werden mehr Arbeitsplätze im kulturellen Sektor geschaffen. Diese offensichtlichen, „greifbaren“ Vorteile von Investitionen in die Kultur werden ergänzt durch indirekte Effekte.
Dazu gehören die so genannten Input-Output Effekte1: jede kulturelle Einrichtung braucht „Inputs“; etwa von Energielieferanten, Transport- oder Logistikunternehmen, Cateringanbietern, und allen weiteren Partnern. Diese Anbieter stammen häufig aus der jeweiligen Region der Kulturinstitution und kurbeln somit die regionale Wirtschaft an. Hier können bei langfristiger Kooperation Synergien von Kultur und (mittelständischer) Wirtschaft entstehen. Regionale Güter und Dienstleistungen können die Grundlage für Input-Output Effekte bilden, da ein Ketteneffekt erzielt wird: auch die Zulieferer für die Kulturindustrie benötigen ihrerseits wieder Ressourcen.
Ein weiterer Faktor mit positiven Folgen für die lokale Wirtschaft sind die Zusatzinvestitionen2 von Besuchern kultureller Einrichtungen. Gerade Touristen nutzen nicht nur das kulturelle Freizeitangebot einer Stadt, sondern geben auch Geld im Einzelhandel, in Restaurants und Hotels aus. Diese über den Kulturtourismus generierten Zusatzinvestitionen (oder auch Umwegrentabilität) wirken sich positiv auf den lokalen Arbeitsmarkt aus. Ein Beispiel ist das Groninger Museum, das an seinem Standort, der niederländischen Kleinstadt Groningen, in den ersten 5 Jahren nach der Eröffnung Zusatzinvestitionen von 11,8 Mio. € über den Kulturtourismus erwirkte.
Mit Investitionen in die Kultur belegt man demzufolge nicht nur sein kulturelles Engagement, sondern leistet freiwillig einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung einer ganzen Region. Das Bewusstsein für diese Konsequenzen und die damit einhergehende Verantwortung findet sich in den Begriffen „Corporate Social Responsibility“ oder auch „Corporate Cultural Responsibility“.
Neben jenen messbaren Effekten von Investments in Kunst und Kultur bietet eine starke kulturelle Infrastruktur einer Region auch immateriellen Nutzen: wenn Kulturinvestments auf lange Sicht Bestand haben, können kulturelle Projekte realisiert werden und unterstützte Kulturinstitutionen können sich allmählich auf dem Markt etablieren. Es ist wahrscheinlich, dass sich in einem günstigen kulturellen Klima auch kleinere Museen, Theater und andere kulturelle Betriebe ansiedeln, die das kulturelle Angebot weiter bereichern.
Wer in die kulturelle Infrastruktur investiert, erzielt im Umkehrschluss auch erstrebenswerte Rückwirkungen für sich selbst: Das Unternehmensimage wird positiv aufgeladen und mit Kulturaffinität sowie gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein assoziiert.
Gemeinhin werden Regionen mit hoher kultureller Strahlkraft als sehr kreativ und innovativ wahrgenommen. Darüber hinaus schafft Kultur eine unverwechselbare Identität.
Als exemplarisch hierfür darf das Projekt Ruhr.2010 gelten: Bis in die 60er Jahre prägten Kohle- und Stahlindustrie das Ruhrgebiet. Als Importprodukte jedoch günstiger wurden als die eigene Produktion, geriet die Region in eine ökonomische wie identitäre Krise. Nachdem man sich fast 150 Jahre lang auf die Montanindustrie gestützt und sich über diese definiert hatte, galt es umzudenken. In der Konsequenz erfolgte eine verstärkte Ausrichtung der Region auf Bildung und Kultur3, ohne dabei die eigene industrielle Vergangenheit zu verleugnen – sie ist Teil der neuen, kreativen Identität des Ruhrgebiets. Die ehemalige Zeche Zollverein beispielsweise wurde 2001 zum UNESCO Kulturerbe ernannt. Die Region um das Ruhrgebiet profiliert sich zunehmend als starker Kulturstandort mit Highlights wie der Ruhrtriennale und den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Mit der Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas 2010 ist der Wandel vom Kohlepott zur Kreativschmiede wohl endgültig besiegelt.
In Regionen mit einer ausgeprägten kultureller Identität ist zu beobachten, dass Anwohner in einem kreativen Umfeld und mit einer hohen Lebensqualität grundsätzlich zufriedener sind. Als Folge des kulturellen Reichtums, der auch Unternehmen und qualifizierte Arbeitskräfte in die kulturstarken Regionen zieht, ist in einigen Gebieten langfristig sogar eine Steigerung der Löhne zu beobachten.4
Es lohnt sich also nicht nur für den Staat in Kultur zu investieren. Auch Wirtschaftsunternehmen können mit kulturellem Engagement nicht nur direkt für ein vielseitiges Freizeitangebot und höhere Lebensqualität für Mitarbeiter und Bürger sorgen, sondern auch in die positive Entwicklung einer ganzen Region investieren.
1 Bowitz, Einar und Karin Ibenholt. „Economic Impacts of cultural heritage – research perspectives”. In: Journal
of Cultural Heritage, No. 10 (2008), Seite 1-8.
2 Idem.
3 http://www.goethe.de/ges/mol/del/pan/de4395905.html
4 Bowitz, Einar und Karin Ibenholt. „Economic Impacts of cultural heritage – research perspectives”. In: Journal of Cultural Heritage, No. 10 (2008), Seite 1-8.