Die Joseph-Keilberth-Orchesterakademie der Bamberger Symphoniker ist eine in Bamberg ansässige Institution zur Förderung hochbegabter Nachwuchsmusiker aus aller Welt.
Nach strengen Kriterien und einem Probespiel vor dem Orchester werden Nachwuchsmusiker für ein zweijähriges Stipendium ausgewählt.
Die Joseph-Keilberth-Orchesterakademie bietet neben der klassischen musikalischen Orchesterausbildung ein innovatives Fortbildungsprogramm an, das im internationalen Vergleich einzigartig ist. Hierzu zählt die freie Wahl des Lehrers, die Einbindung in das Thema „Musikvermittlung“, selbständiges Projektmanagement der Stipendiaten und der besondere Schwerpunkt auf der Ausbildung der „soft skills“.
Ziel der Joseph-Keilberth-Orchesterakademie ist es, die Stipendiaten musikalisch und menschlich optimal auf eine professionelle Laufbahn als Berufsmusiker vorzubereiten. Zugleich wird der „Böhmische Klang“ der Bamberger Symphoniker weitergegeben.
Mittelfristiges Ziel der Bamberger Symphoniker ist es, die Joseph-Keilberth-Orchesterakademie als internationale Elite-Akademie zu etablieren und finanziell abzusichern.
Nachwuchsförderung auf Spitzenniveau
Die Bamberger Symphoniker sind eines der führenden deutschen Symphonieorchester und zeichnen sich durch eine ganz eigene, unverwechselbare Musiziertradition aus. Der sogenannte „böhmische Klang“ ist das Markenzeichen der Bamberger Symphoniker und wird seit der Gründungszeit des Orchesters gepflegt, als sich 1946 Musiker des früheren Deutschen Philharmonischen Orchesters Prag in Bamberg zusammenfanden und diesen Klangkörper ins Leben riefen. Der spezifische „Böhmische Klang“ der Bamberger Symphoniker soll durch die intensive musikalische Arbeit mit den Stipendiaten gelehrt und weitergegeben werden.
Mit der Einrichtung einer eigenen Orchesterakademie in der Spielzeit 2010/2011 haben die Bamberger Symphoniker eine Institution zur Förderung des internationalen Nachwuchses geschaffen, um gezielt jungen, hochbegabten Instrumentalisten verschiedener Nationen durch ein zweijähriges Stipendium speziell diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die im Rahmen eines Hochschulstudiums nicht oder nicht in ausreichendem Maße erlernt werden können – wobei sich die Orchesterakademie nicht auf die musikalische Ebene beschränkt, sondern in gleichem Maße Wert auf die Ausbildung der sog. „soft skills“ und der Persönlichkeit der Stipendiaten legt. Die Akademisten werden innerhalb der jeweiligen Stimmgruppe an verschiedenen Positionen eingesetzt, können ihre Fähigkeiten erproben und entwickeln sich an der Seite ihrer Kollegen zu Teamplayern mit Führungsqualitäten. Die Stipendiaten der Orchesterakademie profitieren vom kollektiven Know-how und dem großen Repertoireumfang des Orchesters in besonderem Maße – wohingegen sie als Studenten einer Hochschule in der Regel über Jahre hinweg von einem Lehrer geleitet und geformt werden.
Finanzierung
Die Joseph-Keilberth-Orchesterakademie der Bamberger Symphoniker muss unabhängig vom Etat des Orchesters langfristig finanziell gesichert werden. Hierbei spielen Mittel von Stiftungen sowie Spenden von Unternehmen und Privatpersonen eine zentrale Rolle, um die Kosten in Höhe von € 15.000,- pro Stipendiat pro Jahr decken zu können. Patenschaften von Privatpersonen für einzelne Akademisten werden angestrebt. Im Gegenzug bieten die Bamberger Symphoniker den Förderern und Mäzenen unterschiedliche VIP-Angebote, die von der Nennung in Printmedien über Backstage-Führungen, Gesprächsrunden mit den Gastdirigenten und –solisten bis zu Privatkonzerten oder die Begleitung des Orchesters auf Konzertreise reichen.
Umfang des Stipendiums
Das Stipendium wird für die Dauer von zwei Jahren vergeben und umfasst eine monatliche Zahlung in Höhe von € 800,-. Darüber hinaus bietet die Orchesterakademie kostenfrei Instrumental- und Kammermusikunterricht sowie zahlreiche Fortbildungsmaßnahmen für die Akademisten an. Den Stipendiaten stehen 4 Stunden im Monat Einzelunterricht bei Lehrern ihrer Wahl oder mit Korrepetitoren zu. Außerdem wurde von den Bamberger Symphonikern aufgrund des teuren und knappen Wohnraums in Bamberg ein Akademistenhaus mit 10 Wohneinheiten angemietet, die zu vergünstigten Konditionen an die Stipendiaten untervermietet werden.
Hier wird nicht der „Ernstfall“ geprobt, dies ist der „Ernstfall“ – Die Ausbildungsinhalte der Joseph-Keilberth-Orchesterakademie
1.) Die zentrale Säule der Orchesterakademie ist die Mitwirkung der Stipendiaten bei den regionalen, überregionalen und internationalen Konzertprojekten sowie Rundfunk/CD-Aufnahmen der Bamberger Symphoniker und den damit einhergehenden Proben. Als Richtlinie für jeden Akademisten gelten 15 Dienste pro Monat. In der alltäglichen Orchesterarbeit erlernen die Stipendiaten an der Seite der hochprofessionellen und erfahrenen Orchestermusiker ein breites Repertoire an symphonischen Orchesterstücken, kommen mit Alter und Neuer Musik in Berührung, können mit international renommierten Gastdirigenten und -solisten zusammenarbeiten und Kontakte knüpfen, werden zu einem Teil des „Mikrokosmos“ Orchester und bauen über zwei Jahre hinweg eine Arbeitsdisziplin auf, die für eine internationale Karriere unabdingbar ist. Die Stipendiaten werden während ihrer zweijährigen Mitgliedschaft bei der Orchesterakademie in die rege Tournee-Tätigkeit des Orchesters eingebunden und können hier zusätzlich Auslandserfahrung sammeln.
2.) Die technischen Fähigkeiten und die musikalische Expressivität der Stipendiaten werden durch instrumentalen Einzelunterricht bei Orchestermitgliedern geschult, wobei hier die Wahl des / der Lehrer dem einzelnen Akademisten freigestellt ist. Als Mindestunterricht gilt eine Unterrichtseinheit (90 Minuten) vor jedem neuen Konzertprojekt, maximal jedoch vier Unterrichtseinheiten pro Monat. Auch Korrepetitoren stehen den Stipendiaten zur Seite, um das bei Probespielen und Wettbewerben verlangte Repertoire einzustudieren.
3.) Besonderes Augenmerk legt die Joseph-Keilberth-Orchesterakademie auf die Erarbeitung von Kammermusikwerken mit anschließenden öffentlichen Konzerten. Der exponierte Auftritt in einer Kammermusikformation verlangt vom Stipendiaten ein besonderes Maß an Nervenstärke, Teamgeist und technischer Perfektion. Die Ensembles werden mit Stipendiaten und Orchestermusikern bewusst gemischt besetzt, um ein maximales Lernerlebnis zu gewährleisten.
4.) Um die jungen Musiker auf Wettbewerbe und Probespiele bei anderen Orchestern musikalisch und psychologisch vorzubereiten, führt die Orchesterakademie pro Saison zwei Probespieltrainings mit ihren Akademisten durch. Hier präsentieren die Stipendiaten ihr Repertoire, erhalten eingehendes Feed-Back von den erfahrenen Orchesterkollegen und können mit einem Körpersprachen-Coach anschließend eine Video-Analyse ihres Auftritts durchführen.
5.) Die fünfte Säule der Stipendiatenausbildung sind Fortbildungen mit externen Experten. Hier wird spezielles Repertoire erarbeitet und neuerdings verstärkt auch im Sinne der Krankheitsprävention der Umgang mit den berufsbedingten physischen und psychischen Belastungen trainiert. In regelmäßigen Abständen werden Workshops angeboten, darunter u. a. mentales Training, Entspannungstechniken (Alexandertechnik, Feldenkrais), Gehörschutz. Nach Möglichkeit erfolgen Gesprächs-runden oder Meisterkurse mit Gastdirigenten, Solisten oder zeitgenössischen Komponisten sowie Schulungen in Instrumentenkunde, historischer Aufführungspraxis, Alter und Neuer Musik. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Instrumentengruppen werden hierbei berücksichtigt.
6.) Eine deutliche und für die internationale Orchesterlandschaft bisher einmalige Ausweitung erfährt die Akademistenausbildung in Bamberg durch die Zusammenarbeit der Stipendiaten mit dem EducationTeam der Bamberger Symphoniker und somit die Einbindung in das Thema Musikvermittlung. Die Stipendiaten betreuen Schulklassen und Kindergärten bei Probenbesuchen, gehen mit Orchesterkollegen in Bildungseinrichtungen und stellen dort die Arbeit der Bamberger Symphoniker und ihre Instrumente vor. Bei Familien-, Schüler- und Studentenkonzerten werden vorrangig Akademisten besetzt. Die Bamberger Symphoniker nutzen auf diese Weise ihre „jungen Gesichter“, um eine mögliche Hemmschwelle bei Kindern und Jugendlichen abzubauen und dem Klischee, Musik sei nur etwas für Ältere, entgegenzuwirken. Auch die Konzeptionierung, Vorbereitung und Durchführung eines eigenen Educationprojekts (beispielsweise ein Schulkonzert) inklusive der damit verbundenen PR- und Managementarbeit lässt die Stipendiaten über ihren „musikalischen Horizont“ hinausschauen und stellt das Konzertieren in einen größeren organisatorischen Zusammenhang.