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Christoph Thoma © Udo Mittelberger ©Philip Breuß

Christoph Thoma (c) Udo Mittelberger (c) Philip Breuß

Interview

Bregenz – Die Kultur und Festspielstadt am Bodensee

Die Jahre 2014 und 2015 waren in Bregenz Jahre der Veränderung. Sämtliche Veranstaltungen wurden einem Qualitätscheck unterzogen und in einem ersten Schritt weiterentwickelt. Faktoren wie die Einbindung der Gastronomie, die Nutzung der öffentlichen Flächen, aber auch die Einbindung von strategischen Partnern waren Impulse, die einen Auftrag für die zukünftige Entwicklung von Bregenz darstellen. Wie diese Entwicklung aussehen soll, darüber sprachen wir mit Christoph Thoma, Geschäftsführer der Bregenz Tourismus und Stadtmarketing GmbH.

Herr Thoma, Bregenz wurde im Oktober als „Stadtmarke des Jahres 2014“ ausgezeichnet. Die Jury hob in ihrer Argumentation hervor, dass die gesamte Stadtmarke auf Kultur aufbaut. Wie würden Sie Bregenz beschreiben?

Bregenz ist das urbane Zentrum am Bodensee, umgeben von einem Naturraum mit dem Pfänder, dem Bregenzer Hausberg, der die Stadt zu einem unglaublichen Kulturraum macht. Eine Grenzregion, die längst keine Grenzen mehr hat, die die Vierländerregion erlebbar macht. Vorarlberg als Bundesland hat sich zudem in den vergangenen Jahrzehnten zu einem echten Hotspot der Architektur entwickelt. Und dann ist natürlich das starke Kulturangebot in Bregenz zu nennen. Kultur prägt das Leben der Stadt, Kultur ist Teil der Stadt und sorgt für das einzigartige Lebensgefühl in Bregenz. Kultur und Tourismus sind auch zentrale Wirtschaftsfaktoren der Stadt. Alleine die Bregenzer Festspiele bringen jedes Jahr innerhalb von 4 Wochen rund 200.000 Besucherinnen und Besucher in die Vorarlberger Landeshauptstadt. Der Ruf als Kultur- und Festspielstadt beschert Bregenz eine immense Strahlkraft, die weit mehr als 30.000 Einwohner vermuten lässt.

Wie kann es mit Bregenz nach der Auszeichnung weitergehen? Ist Bregenz am Zenit angekommen?

Das hoffe ich nicht, denn das hieße ja, dass es ab jetzt nur abwärts gehen kann! Und genau das wollen wir verhindern! Wir müssen aktiv weiterdenken und den Blick nach vorne richten. Nur so können wir die Stadt – und mit ihr die gesamte Region – weiterentwickeln und unseren internationalen Ruf, der für Kunst, Kultur, Wirtschaft aber auch die Gesellschaft von so entscheidender Bedeutung ist, auch langfristig halten und positionieren.
Ich glaube, es gehört gerade nach der Auszeichnung als „Stadtmarke des Jahres“ dazu, sich nicht zurückzulehnen, sondern vielmehr alle Kräfte zu bündeln, um weitere Herausforderungen anzugehen. Und diese Entschlossenheit spüre ich jeden Tag in Bregenz.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Bregenz – insbesondere im Kulturbereich?

Aus kulturpolitischer wie auch touristischer Sicht ist die Stärkung der Nebensaisonen www.bregenz.travel ein zentrales Anliegen. Zudem sehe ich großes Potential in einer stärkeren Einbindung in europäische Netzwerke und den transeuropäischen kulturellen Austausch. Und schließlich geht es auch um die Förderung eines breiten Kulturverständnisses und einer dementsprechenden Begrifflichkeit für die Kultur. In einer solchen Öffnung liegen nicht nur
künstlerisch-kulturelle Möglichkeiten, sondern auch große wirtschaftliche und gesellschaftliche Potentiale. Wir werden daher zusätzliche Aufmerksamkeit auf Kreativwirtschaft, Alltagskultur, spontane Kreativität und allgemeine Stadtatmosphäre legen. Wir möchten Raum zur Entfaltung bieten, eine aktive Stadtgesellschaft fördern, die Lebensqualität weiter steigern und so Bregenz als internationale Kulturstadt aber eben auch als Wohnort und Lebensraum noch attraktiver machen.

Mit welchen Maßnahmen plant Bregenz dies zu erreichen?

Einerseits verfolgen wir dies über aktive Quartiersentwicklung. Mit der Neugestaltung des Kornmarktplatzes ist es uns bereits gelungen, einen offenen und vielseitig einsetzbaren Lebensraum zu schaffen, der bei den Bewohner/-innen und Tourist/-innen gleichermaßen für Begeisterung sorgt. Diesen Weg führen wir auch bei den derzeitigen Quartiersentwicklungsprojekten fort, am Leutbühel, wo das Augenmerk auf der Kreativwirtschaft liegt. Aber auch beim Großprojekt Seestadt-Seequartier – Bregenz bekommt einen neuen Stadtteil direkt am See. Die Seestadt wird gerade auch die Spange zwischen Stadt und See stärken, was ich für ungemein wichtig erachte. Hier liegt die Stärke der Stadt. Gleichzeitig prüfen wir derzeit intensiv eine mögliche Bewerbung von Bregenz und der Region als Kulturhauptstadt Europas 2024. Gemeinsam mit den Rheintalstädten, dem Bregenzerwald, dem Fürstentum Liechtenstein sowie einigen schweizerischen und deutschen Bodenseestädten analysieren wir die Chancen aber auch Risiken einer gemeinsamen Bewerbung, ehe wir dann im Frühjahr 2016 eine Entscheidung treffen werden.

Welche Chancen würde eine Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt für Bregenz bieten?

Erfreulicherweise würde nicht nur Bregenz sondern die gesamte Region davon profitieren! Und entgegen dem Namen ‚Kulturhauptstadt‘ sind die positiven Auswirkungen auch nicht auf den Kulturbereich beschränkt, sondern bilden einen Impuls auch für die wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Entwicklung. Das wird häufig übersehen. Ich persönlich sehe das größte Potential einer Bewerbung genau in dieser Verbindung der Lebensbereiche Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Naturraum. In der Kulturhauptstadt werden diese zusammengebracht und so könnte es ein wertvolles Vehikel für die gesamte Stadt- und Regionalentwicklung der nächsten 10 Jahre bilden. Wir haben das Glück, dass wir bereits exzellente kulturelle Infrastruktur haben, hier also kaum investieren müssten. Wir brauchen keine zweiten Bregenzer Festspiele und auch kein zweites Kunsthaus. Vielmehr könnten wir Inhalte wie die Verbindung von Kunst und Natur forcieren und die Menschen in den Mittelpunkt stellen. Das soll sich natürlich auch im Prozess widerspiegeln, deshalb haben wir bereits eine breite öffentliche Debatte und einen intensiven Austausch mit der Kulturbranche, der Wirtschaft und Bildungseinrichtungen gestartet – mit sehr positivem Echo und erfrischend offenen, lebendigen Gesprächen. Alleine dieser Prozess an sich ist unglaublich wertvoll. Ob wir uns bewerben, ist gemeinsam im Frühjahr 2016 zu entscheiden. Eines steht für mich aber schon heute fest: Der Erfolg einer möglichen Kulturhauptstadt Bregenz 2024 hängt entscheidend davon ab, dass wir eine Atmosphäre und Dynamik schaffen, die sowohl dem Tourismus als auch der lokalen Bevölkerung zugutekommt. Das ist essentiell.

  • LNDM 14 (c) Udo Mittelberger
  • Museum 1 (c) Matthias König
  • Orchester Festspielhaus (c) Philipp Breuss
  • Schiff Rundfahrt 26 (c) Udo Mittelberger