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ExtraSchicht auf Zollverein (c) RTG/ Jochen Schlutius

ExtraSchicht auf Zollverein (c) RTG/ Jochen Schlutius

Interview

DIE METROPOLE RUHR: Axel Biermann, Geschäftsführer Ruhr Tourismus GmbH, im Interview mit Causales

Das Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 war ein großer Erfolg. Spüren Sie die Effekte auch jetzt noch in Ihrer täglichen Arbeit?

RUHR.2010 war ein echter Glücksfall für die Region und ein besonders wichtiger Meilenstein - vor allem das Image der Region hat sich national wie auch international deutlich verbessert. Da viele der Besucher mit einer ungenauen Vorstellung zu uns kamen, war der Aha-Effekt umso größer und die Überraschung und Begeisterung der Gäste wirkten dadurch umso mehr nach. Zudem hat uns die Kulturhauptstadt geholfen, endlich auch als Reisedestination wahrgenommen zu werden und die Übernachtungszahlen steigen kontinuierlich an. Letztes Jahr haben wir sogar die 7 Millionen Marke überschritten.

Wie sichern Sie nachhaltig den Erfolg von RUHR.2010?

Hier geht es in erster Linie darum, dass wir den Schwung und den Geist der Kulturhauptstadt sowie die Kooperationsbereitschaft in der Region weiter stärken. Und es ist wichtig, dass wir die Erkenntnisse und Erfahrungen mitnehmen, die wir gewonnen haben. So werden wir auch weiterhin über symbolhafte Veranstaltungen die Erinnerung an die Kulturhauptstadt am Leben erhalten. Was uns 2012 perfekt gelungen ist mit z.B. !SING – DAY OF SONG.
2012 haben sich mehr als 1.500 Gesangsgruppen mit 50.000 Menschen aus 101 Städten angemeldet. Damit wurde die Zahl aus dem Kulturhauptstadtjahr verdoppelt. Es freut uns daher umso mehr, dass 2014 der Day of Song wieder unter unserer Federführung stattfinden wird. Des weiteren haben wir natürlich auch die ExtraSchicht, die ja letztendlich auch in sehr engem inhaltlichen Zusammenhang mit dem ganzen Thema Kulturhauptstadt steht und von uns seit vielen Jahren durchgeführt wird. Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel, ist das Thema. Ein weiteres wichtiges Projekt sind die Ruhr- KunstMuseen. 20 Kunstmuseen des Ruhrgebiets haben sich zu dem einzigartigen Netzwerk RuhrKunstMuseen anlässlich der Kulturhauptstadt zusammengeschlossen. Die Museumslandschaft Ruhr verfügt über eine so außergewöhnliche Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst und die gilt es durch uns weiterhin gut zu vermarkten. Ich glaube, dass wir durch unsere Veranstaltungen und Projekte so die Nachhaltigkeit von RUHR.2010 optimal sichern können.

Welche Risiken sehen Sie bei der nachhaltigen Vermarktung des Ruhrgebiets?

Das ist in erster Linie die prekäre Finanzlage der Region. Deshalb ist es auch so wichtig das Bewusstsein bei den politischen Entscheidungsträgern zu schaffen und eine Lobby im politischen Raum, die ganz klar sagt, dass wir die touristische Förderung mit den wirtschaftlichen Effekten brauchen. Es wird einfach immer noch oft vergessen, dass durch eine touristische Entwicklung auch der Freizeitwert vor Ort erhöht wird, dadurch die Lebensqualität der Einwohner verbessert wird, dass eine Identitätsstiftung stattfindet und die Region dadurch im Wettbewerb um die Arbeitsplätze der Zukunft gut gerüstet ist.

Wie wichtig ist die Industriekultur für den Tourismus in der Metropole Ruhr?

Wir haben in der Vergangenheit umfassende Marktforschungsuntersuchungen durchgeführt, die uns alle bestätigt haben, dass Industriekultur ganz klar unser Alleinstellungsmerkmal ist. Insofern haben wir da im Bereich des Tourismus natürlich eine extrem hohe Bedeutung für unser Produkt. Auch vor dem Hintergrund, dass sich immer mehr potenzielle Besucher für dieses Thema interessieren. Aber leider reicht das Thema allein noch nicht aus, um die Leute dann tatsächlich von einer spontanen Städtereise in die Metropole Ruhr zu überzeugen. Daher arbeiten wir mit sogenannten Aufladungsthemen, wie Kultur, Event und Shopping. Wie gut zum Beispiel Industriekultur und Event zusammenpassen kann man jedes Jahr aufs Neue bei der „ExtraSchicht- die Nacht der Industriekultur“ sehen. Die ExtraSchicht ist seit über 12 Jahren ein sehr erfolgreiches Projekt der Ruhr Tourismus GmbH.

Wie wird sich die Region die nächsten Jahre touristisch weiterentwickeln?

Unsere Potentiale sind auf jeden Fall noch lange nicht ausgeschöpft, da wir einen enormen Nachholbedarf haben. Es geht jetzt darum, geeignete und auch finanzierbare Kommunikationsmaßnahmen bzw. Kampagnen für die Region als Reiseziel weiter am Markt zu positionieren, um unter anderem die Übernachtungszahlen weiterhin zu steigern. Als Ziel ist hier eine Steigerung bei Ankünften und Übernachtungen von 5 – 10% jährlich anzusetzen. Neben den Übernachtungszahlen sind aber auch die Tagesbesucher ein wichtiger Indikator. Wünschenswert wäre, dass die 30 besucherstärksten Touristenattraktionen der Metropole Ruhr insgesamt einen jährlichen Besucherzuwachs von ca. 5 - 10% erreichen würden. Weitere „Nebenziele“ sind der Ausbau der touristischen Angebotsinfrastruktur und natürlich die Verstetigung des Prozesses des Imagewandels. Langfristig muss es das Ziel sein, ein ähnliches Verhältnis zwischen Einwohnern und Übernachtungen zu erzielen, wie es die großen städtetouristischen Destinationen Deutschlands haben, nämlich 1:4. Für das gesamte Ruhrgebiet würde dies eine Erhöhung der Übernachtungszahlen von derzeit ca. 7 Mio. auf ca. 16 Mio. bedeuten.

Vielen Dank für das Interview Herr Biermann.

 

(Dieses Interview ist im Jahrbuch Kulturmarken 2014 erschienen)