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Fachbeitrag

Die Effekte des Kulturhauptstadtjahres RUHR.2010 - Fachbeitrag von Maria Baumeister, Referentin der Geschäftsführung und Projektmanagerin für Evaluation

Von Maria Baumeister, Referentin der Geschäftsführung und Projektmanagerin für Evaluation

Was kommt, was war, was bleibt? Diese Fragen haben RUHR. 2010 in den verschiedenen Lebensjahren der Kulturhauptstadtplanung und -durchführung begleitet. Nun, im Jahr 2011, befindet sich RUHR.2010 in der Phase der Bewertung und Evaluation, der Implementierung des Erreichten und des Transfers der Aufgaben auf andere Träger. Das Ausnahmejahr ist vorbei. Wie nachhaltig wirkt die Kulturhauptstadt in die Zukunft? Werfen wir einen Blick auf das bis dato Erreichte.

Für die Programmgestaltung formulierte RUHR.2010 die folgenden drei Schwerpunkte: Nachhaltigkeit, europäische Dimension und Vernetzung. Diese Vorgaben wurden aus dem Kriterienkatalog der EU-Kommission abgeleitet, der den Kulturhauptstädten Richtlinien für ihre Arbeit mit auf den Weg gibt. Schon seit Beginn der Kulturhauptstadtvorbereitungen ist RUHR.2010 mit der Frage der Nachhaltigkeit befasst und wählte nach bestem Wissen und Gewissen ein Programm aus, das ein hohes Potenzial für die nachhaltige Entwicklung versprach. Die Anforderungen, die die Kulturhauptstadt sich stellte und die an sie gestellt wurden, waren hoch.Nachhaltigkeit ist mittlerweile eine allseits verwendete Forderung geworden, ja schon fast zu einer Art Phrase durch die permanente Präsenz verkommen. Es gibt erfolgreiche und weniger erfolgreiche Kulturhauptstädte, was dieses Thema betrifft. Liverpool und Glasgow, welche viele gemeinsame Erfahrungen mit dem Ruhrgebiet teilen, haben viel erreicht. Die Frage, wie langfristig das Ruhrgebiet von der Kulturhauptstadt profitiert, lohnt sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu stellen. Welche Ergebnisse sind aus heutiger Sicht zu erkennen? RUHR.2010 hat verschiedene Umfragen in Auftrag gegeben, um anhand von empirischen Methoden die Wirkungen des Kulturhauptstadtjahres festzustellen. Zu nennen sind hier die drei Bevölkerungsbefragungen im Ruhrgebiet in den Jahren 2008, 2009 und 2010, die Teilnahme am Qualitätsmonitor Deutschland-Tourismus in den Jahren 2009 und 2010, mittels welchem Übernachtungsgäste in der Metropole Ruhr zur Kulturhauptstadt befragt wurden sowie die Besucherbefragung bei ausgewählten Veranstaltungen im Jahr 2010 und die Befragung der Volunteers von RUHR.2010. Zudem hat RUHR.2010 das Zentrum für Kulturforschung mit der externen Abschlussevaluation beauftragt. In der Evaluation geht es nicht nur um die Feststellung des Grades der Zielerreichung, sondern auch um den Ausblick in die Zukunft und die damit verbundenen Empfehlungen für die zukünftige Kulturarbeit in der Metropole Ruhr. Es gibt zwei Arten von Wirkung, die von besonderer Bedeutung sind. Ein wichtiges Vermächtnis ist der Netzwerkgedanke, welcher bei vielen Kulturhauptstädten, wie beispielsweise Liverpool und Glasgow, festzustellen ist. Zahlreiche im Kulturhauptstadtjahr entstandene Netzwerke existieren über 2010 hinaus.

Die von RUHR.2010 beauftragte Evaluation durch das Zentrum für Kulturforschung unterscheidet zwischen den thematischen und strategischen Netzwerken. Thematische Netzwerke sind jene, die entstanden sind, um Kunst- und Kulturprojekte zu realisieren. Beispiele hierfür sind die Projekte GrenzGebietRuhr, Starke Orte, KulturKanal, Odyssee Europa und das Henze-Projekt. Einige dieser Netzwerke haben bereits konkrete Pläne für die zukünftige Arbeit entwickelt. Die Aufgabe strategischer Netzwerke bezieht sich auf Konzepte zum Ausbau institutioneller Rahmenbedingungen, die das Zusammenwachsen der Metropole Ruhr fördern. Zu nennen ist hier vor allem das Netzwerk der Kulturhauptstadtbeauftragten als Informations- und Austauschgremium der an der Kulturhauptstadt beteiligten 53 Städte des Ruhrgebiets (für RUHR.2010 als dezentrale Kulturhauptstadt, bestehend aus 53 Städten, waren in jeder dieser Städte Verantwortliche für die Belange des Kulturhauptstadtjahres benannt worden). Ein strategisches sowie thematisches Netzwerk zugleich sind die RuhrKunstMuseen, der Zusammenschluss von 20 Museen der modernen Kunst im Ruhrgebiet – eine kulturpolitische Kooperation, die gemeinsame Ausstellungen und Marketingaktivitäten planen. Das Projekt, welches sowohl die europäische Dimension als auch die Vernetzung und Nachhaltigkeit beispielhaft verkörpert, ist das Projekt TWINS, das internationale Städtepartnerschaftsprojekt von RUHR.2010 mit 1.700 Kunst- und Kulturpartnern aus 258 Städten, 39 Nationen und vier Kontinenten. Gut 50 % der Partner wollen weiterhin miteinander arbeiten, es liegen oftmals bereits detaillierte Planungen vor.

Das wahrscheinlich wichtigste Ergebnis könnte als „psychologische“ Nachhaltigkeit beschrieben werden. Die individuellen und kollektiven Erlebnisse im Kulturhauptstadtjahr, sei es die Teilnahme an einer Theateraufführung oder einer Großveranstaltung, die aktive Partizipation an Still-Leben Ruhrschnellweg oder der Besuch eines Konzertes, sind Schlüsselelemente, die in ein langfristiges Wirken der Kulturhauptstadt resultieren können, denn diese Erlebnisse befruchten Mentalitätswandel. Bei dem Konzept „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“, das die Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 verfolgt hat, geht es nicht nur um den infrastrukturellen Wandel der Region, sondern auch um den Wandel in den Köpfen der Menschen. Die Ergebnisse aus der Bevölkerungsbefragung im Ruhrgebiet zeigen wichtige Erkenntnisse. Vor dem Jahr 2010 wurde erfragt, welche Erwartungen die Befragten an das Kulturhauptstadtjahr haben. Ende 2010 wurden die Erwartung mit den tatsächlich wahrgenommenen Veränderungen verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass fast alle Erwartungen erfüllt, ja sogar deutlich übertroffen wurden.