Dr. Thomas Girst, Leiter Kulturengagement, BMW Group
Dorothee von Posadowsky, Leiterin der Kulturkommunikation E.ON AG
Botho Strauß hat das Wort „kommunizieren“ vor einigen Jahren als das „Unwort des Zeitalters“ bezeichnet. Er wolle seine Leser „verführen, amüsieren, provozieren, beleben“. Das „brutale Müllschluckerwort“ Kommunikation werde diesen Nuancierungen natürlich keinesfalls gerecht. Kulturelle Kommunikation von Unternehmensseite sollte sich dieses Einspruchs voll bewusst sein. Die Subtilität des Auftritts zeugt von der Souveränität des fördernden Unternehmens. Marktschreierische Leistungsschau oder narzisstische Selbstbeweihräucherung sind gerade hier mehr als fehl am Platz. Nichts sollte sich in der Wahrnehmung zwischen Publikum und Aufführung, zwischen Betrachter und Kunstwerk drängeln. Wenn ein Hersteller von Haarprodukten als Förderer einer Ausstellung in der Pressemitteilung postuliert, die Pinselführung des Malers entspreche der kreisenden Fingerbewegung beim Einshampoonieren, dann gibt es gleich drei Verlierer: das Museum, den Künstler und den Sponsor.
Ein Unternehmen ist kein Mäzen, sein Kulturengagement kein Altruismus. Es geht um einen positiven Imagetransfer und um „Good Corporate Citizenship“. Natürlich spielt die Wahrnehmung dabei eine Rolle. So gilt grundsätzlich, dass eine vertraglich vereinbarte Summe im besten Fall in mindestens gleicher Höhe für die Kommunikation zur Verfügung steht.
Partnerschaftliche Kooperationen
„Tue Gutes und rede darüber“. Unter diesem Titel publizierte Georg Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim 1978 ein Buch über Public Relations und die Wirtschaft. „Tu soviel Gutes, wie Du kannst und mache so wenig Gerede wie nur möglich darüber“ hatte dagegen Dickens mehr als hundert Jahre zuvor formuliert. In der goldenen Mitte liegt die Wahrheit: „Tue Gutes und lasse andere darüber reden“. Mit Partnern zusammen zu arbeiten, die noch gut über das Unternehmen sprechen, wenn dessen Vertreter nicht mehr am Tisch sitzt, die selber auf die Presse zugehen und dabei auch immer das Interesse des Förderers im Auge haben, die auf Pressekonferenzen wohlwollend von der Zusammenarbeit sprechen, ohne dass der Firmensprecher darauf eingehen muss, die einen Sponsor eben nicht nur als „cash cow“ ansehen, sondern in dessen Know-how und Netzwerk wichtiges Potenzial für die eigene Arbeit erkennen – all das definiert authentisches, langfristiges und nachhaltiges Kulturengagement. Es steht für partnerschaftliche Kooperationen, die selbstverständlich die komplette künstlerische Freiheit dem Partner überlassen und dessen kuratorische Integrität nie zur Diskussion stellen.
Authentisches Sponsoring
„Die Kunst: Ihr wirkliches Wesen ist die Industrie, ihr moralischer Zweck der Gelderwerb, ihr ästhetisches Vorgeben die Unterhaltung der Gelangweilten“, so Richard Wagner 1849. Damit das eben nicht so ist, dafür trägt auch der Sponsor die Verantwortung. Je besser dieser weiß, was er will, je mehr das Engagement auf unternehmensstrategischer Sinnhaftigkeit und weniger auf den Neigungen einzelner Führungskräfte beruht, umso glaubwürdiger ist das Sponsoring. Von Agenturen gekaufte Inhalte oder das Nichtwissen um die Sensibilitäten im Kulturbereich kann noch jeden wünschenswerten Kommunikationseffekt zunichte machen. Vom Förderer sollte man nicht erst dann erfahren, wenn er sich zurückzieht und der Aufschrei groß ist. Omnipräsente Logoplatzierung, das Herunterbeten von Betriebszahlen auf Pressekonferenzen kulturellen Inhalts oder schon die falsche Betonung von Künstlernamen durch Unternehmensvertreter – so etwas entlarvt nicht ernst Gemeintes und aus diesem Grund nicht ernst zu nehmendes Sponsoring. Verprellt wird, wen man eigentlich erreichen will. Kulturförderung muss auch bedeuten, deren Beweggründe transparent zu machen. Die Medienvertreter achten darauf und honorieren Ehrlichkeit.
Integration in die Corporate Identity des Kulturpartners
„Tue Gutes und lasse andere darüber reden“: Selbstverständlich wollen Wahrnehmung und Sichtbarkeit des Förderers optimal und dem Anlass angemessen integriert sein. Die Bewerbung einer Veranstaltung, ob bei „Oper für alle“ durch BMW oder eines großen Ausstellungsprojekts seitens E.ON, sollte dabei ausschließlich im Rahmen der Corporate Identity des Kulturpartners erfolgen. Social Media-Kanäle müssen für die Kommunikation genauso genutzt werden wie gemeinsame Pressekonferenzen und einvernehmlich zwischen den Partnern abgestimmte Pressemitteilungen, die von den Medien gerne übernommene Zitate von Unternehmensvertretern und Repräsentanten der Kulturinstitution enthalten. Oft sind Radio, Infoscreens und Plakatwerbung eine kosteneffiziente Ergänzung oder gar Alternative zur klassischen Anzeigenschaltung. Gut gepflegte Presseverteiler, die Nutzung von Presseportalen und für diesen Zweck beauftragte PR-Agenturen helfen zudem, einem Engagement erhöhte Visibilität zu verschaffen. Die vertraglich stipulierte Nennung eines Förderers in Broschüren, Programmen und auf Websites des Partners versteht sich ohnehin, ist aber nicht erstrebenswertes Ziel der Vertragsverhandlung, sondern deren Grundlage.
Kurz & Knapp
„Getretener Quark wird breit, nicht stark“ bemerkte Goethe bereits 1819. Alle Bekanntmachungen konkurrieren in der Wahrnehmung miteinander, die Konkurrenz ist groß. Es sind häufig Kleinigkeiten, die eine Stimmung ausmachen, die ein Erlebnis zum Ereignis werden lassen. Es muss beim Kultursponsoring auch um das Belebende, Verführerische, um das Außergewöhnliche gehen. Beim Inhalt wie bei der Kommunikation.
Engagement wie sauer Bier feilzubieten und auf Interesse der Multiplikatoren zu hoffen, ist fahrlässig. Monetäre Disziplin fördert indes operative Intelligenz. Mit 100.000 Euro kann man in der Kultur sehr viel falsch, mit 10.000 Euro sehr viel richtig machen. „Engagement (...) jenseits kurzfristig werbewirksamer Strohfeuer“ umschrieb ein Journalist einmal die unternehmerische Zuwendung bei einem spezifischen Kulturprojekt. Ein Ritterschlag fürwahr. Glaubwürdigkeit lässt sich eben nicht kaufen.
Dieser Beitrag wurde im Jahrbuch Kulturmarken 2012 veröffentlicht.